Freitag, 26. September 2008

Mein digitaler Selbstmord < I

Es wird gegruschelt, genetzwerkt, gelästert - Facebook, Xing und StudiVZ gehören zum Studentenleben. Doch was passiert, wenn man aussteigt? Hat man dann keine Freunde mehr? Frauke Lüpke-Narberhaus will es wissen: Sie hat ihr digitales Leben beendet.
Drei Jahre habe ich mich in den Netzen von StudiVZ, Facebook und Xing verstrickt. Ich gehörte zwar nicht zu jenen Nackedeis, die sich online komplett entblößen und ihre Privatsphäre ins Internet stellen. Und trotzdem: Ich habe gratuliert, geschrieben, gegruschelt, genetzwerkt, gemustert, gelästert, gelacht. Das ist ab heute vorbei. Ich steige aus.


Malte Florian Klein
Nicht mehr bei Xing zu finden: Web-2.0-Aussteigerin Frauke Lüpke-Narberhaus
Ein letztes Mal surfe ich im StudiVZ. Hangle mich von Freund zu Freundin, klicke mich durch Pinnwandeinträge, Nachrichten, Fotos. Und ein bisschen sentimental werde ich nun doch. An langweiligen Abenden, an denen ich mutterseelenallein vor dem Laptop saß, waren StudiVZ, Facebook und Xing das Fenster zur Welt.
Ich bekomme Muffensausen: Doch nicht abmelden? Bricht mein soziales Netzwerk zusammen - oder ist ihm mein Austritt völlig Schnuppe?
Meine Ausbeute nach knapp drei Jahren interaktiver Netzwerkpflege:
Xing: Mitglied seit 03/2005, 5163 Seitenaufrufe, 125 Kontakte, 52 Nachrichten im Posteingang, 39 Nachrichten im Postausgang, 8 Gästebucheinträge, ein paar Praktikumsangebote, eine Handvoll Avancen männlicher Mitglieder.
StudiVZ: Mitglied seit 05/2006, 193 Freunde, 454 Nachrichten im Posteingang, 452 Nachrichten im Postausgang, 232 Pinnwandeinträge, unzählige verplemperte Stunden.
Facebook: Mitglied seit 05/2007, 76 Freunde, 19 Nachrichten im Posteingang, 14 Nachrichten im Postausgang, 25 Pinnwandeinträge, der Kontakt zur Erasmus-Gemeinde.
STUDIVZ, FACEBOOK, XING: WO IST DENN HIER DER AUSGANG?

Ich wandere mit meiner Maus zum "Account" und dann wird gelöscht. Jetzt bloß nicht zweifeln, weitermachen! Wenn schon digitaler Selbstmord, dann richtig. Bei Facebook ist es nicht so einfach - erst werde ich gefragt, warum ich austrete. Und dann wird mein Account auch nicht gelöscht, sondern nur deaktiviert. Die Fragerei ist aber noch harmlos gegen Xing: Die haben Austritte anscheinend gar nicht im Programm. Ich kann mich ausloggen, aber nicht löschen. Überall Texte, Banner, Klimbim - aber kein Ausgang. Erst über den Hilfe-Assistenten schaffe ich es, ich bin raus. Das Web 2.0 läuft nun ohne mich.


Ich sitze vor dem Laptop. Auf der Tastatur liegt ein Wust an Zetteln, ich versuche mich auf die Uni zu konzentrieren. Immer wieder checke ich meine Mails, das Handy. Nichts. Vier Stunden nach meinem Austritt die erste Reaktion. Meine beste Freundin, die treue Seele, ist entsetzt: "Du bist nicht mehr im StudiVZ??? Wie kann ich dich finden - anonym oder wirklich finito?" Ihre Entrüstung schmeichelt meinem Ego: Ich werde vermisst!

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Heike Jahn für MDVsoft

postet:58588.08
Andreas.Beranek

2 Kommentare:

Andreas Beranek hat gesagt…

2. Teil: "Was ist passiert??"

werde ich an Tag zwei gefragt
Am nächsten Tag kein Post-Web-2.0-Blues, sondern stolze Überlegenheit. Ich erinnere mich an die Startseite vom StudiVZ. "Vergiss keine Geburtstage mehr, automatische Geburtstagserinnerung!", heißt es dort. Heute hat ein Freund Geburtstag, und es ist nicht mal mein bester, und ich habe den Tag trotzdem im Kopf behalten.
Am Abend die zweite Reaktion. Eine E-Mail: "Was ist passiert? War Dir das mit den neuen AGB doch etwas zu heikel oder hast Du es einfach noch nicht geschafft, die neuen Richtlinien zu bestätigen? Wie auch immer ... Gut, dass ich noch Deine E-Mail Adresse habe ..."
Recht hat er. Ich klappe den Bildschirm runter und ein bisschen komisch ist es jetzt doch. Etwas verloren sitze ich mit einer Zeitung auf dem Sofa. Ich fühle mich außen vor. Als würde in der Nachbarwohnung eine Riesenparty steigen und ich bin nicht eingeladen.

Heike Jahn
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postet:
MDVsoft
A.B.

gerry-schotter hat gesagt…

jetzt ist Heike einsam und allein :-)
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